Skiffeln in Frankreich möglich oder nicht?

German Skiffle Company
German Skiffle Company
Beaumier, Verdié, Djender, Kampf, Blazek, Söhlmann (†) (v.l.n.r.)
Gründung: 1994
Auflösung: 1997
Genre: Skiffle
Website: matthias-blazek.eu

„This is the German Skiffle Company, always happy, happy as could be, with love to music and love to you, always happy, sure that’s true. This is the German Skiffle Company.“ Die German Skiffle Company war eine 1994 gegründete Skifflegruppe aus Fontainebleau, die mehrfach im Pariser Raum auf der Bühne stand und 1996 in Frankreich eine CD veröffentlichte.

Bandgeschichte

Ursprünglich war geplant, die Karnevalsfeier 1995 durch musikalische Live-Einlagen zu bereichern. Aus diesem Grunde setzten sich Willi Kampf, Christoph Zientek und Volker Hülse im November 1994 im Stabsgebäude des Deutschen Militärischen Bevollmächtigten in Frankreich (DMBv FR) zusammen und brüteten etwas aus. Der Vollständigkeit halber muss erwähnt werden, dass alle zur Bundeswehr gehörten und für einige Jahre im schönen Frankreich ihren Dienst tun durften. Es darf auch nicht verschwiegen werden, dass Willi Kampf vom Freund eines Freundes ein wirklich schönes, aber unbrauchbares altes Banjo vererbt wurde.

Anfangs war noch nicht klar, welche Art von Musik dem anspruchsvollen Publikum einer deutschen Delegation in Frankreich geboten werden sollte. Wäre es nach Achim Herborn gegangen, wäre es die Geburtsstunde eines Shanty-Chores geworden. Doch dann erinnerte sich Willi Kampf an Dieter Söhlmann, den er einst beim Sprachenlehrgang in Hürth mit einer Gitarre unter dem Arm gesehen hatte; außerdem gab es beim Sprachendienst noch einen Graukopf namens Ulrich Glindemann (†), der ab und zu auf dem bundeswehreigenen Piano im „Deutschen Haus“ in Avon Rhythm & Blues muckte. Schließlich kam noch Jürgen Marherr aus Hannover mit seiner 12-saitigen Westerngitarre hinzu. Dieter Söhlmann hatte ihn getroffen und mit ihm über alte Hannoveraner Pfadfinderzeiten geplaudert. Dabei hatten sie wehmütig auf ihren Lauten gezupft.

Man traf sich und spielte drauflos. Es gab Gitarren, das Piano, auch ein Akkordeon war aus alten NVA-Beständen dienstlich nach Frankreich transferiert worden. Die Musikrichtung war schnell gefunden: ein wenig Rock, etwas Blues, dazu Western- und Skiffle-Elemente; das war die Mischung, die, gepaart mit guter Laune und Improvisationstalent, dam künftigen Publikum präsentiert werden sollte. Für das bereits genannte Banjo wurde schnell einen Nachfolgemodell gefunden, und auch ein Waschbrett (engl. washboard, franz. planche à laver) stand plötzlich zur Verfügung.

Nach wie vor großes Ziel: die Karnevalsfeier 1995. Großer Dank gebührt Uwe Blase, der es in kürzester Zeit fertig brachte, allen geprobten Ohrwürmern unvergessliche Texte zu verpassen, die noch heute in Erinnerung sind.

So etwas funktioniert natürlich nicht ganz ohne Technik, auch wenn die Musik von Hand gemacht ist. Georg Heinz stand der Gruppe vom ersten Auftritt an nicht nur technisch mit Rat und Hilfe zur Seite, als Sänger und Bassist sowie an der „Planche“ war er unverzichtbar. Karneval ’95 (17. Februar 1995) wurde der erste große Erfolg der Gruppe, die sich bereits damals, wenn auch zunächst vorläufig, den Namen German Skiffle Company (G.S.C.) zulegte. Dieser Name ist angelehnt an den der Bourbon Skiffle Company aus Hannover, die der Band Vorbild und Ansporn war, ebenso wie der unvergessene Lonnie Donegan und, nicht zu vergessen, Huddy Ledbetter und Pete Seeger.

Leider verließ Ulrich Glindemann die Band; er ging nach Deutschland zurück. Ersetzt wurde er, aber wer spricht in so einem Fall schon von Ersatz, von Martina Clemens, einer begabten und talentierten Pianistin, die von Beginn an durch gekonnte Ragtime-Interpretationen zu beeindrucken wusste. Auch für Volker Hülse war nach Karneval die Skifflezeit vorbei.

Es kam Jean-Pierre Beaumier, ein geborenes Musiktalent, vielseitig und „mit Stimme“. Bei der „Délégation“ war man sich darüber einig, dass er mindestens ein weiteres Paar Arme benötigt, um seine Talente voll ausnutzen zu können.

Es folgten noch in 1995 Auftritte bei der Deutschen Botschaft in Paris, ein „Open Air“ im Deutschen Haus sowie drei Veranstaltungen in kleinerem Rahmen. – Am Namen „German Skiffle Company“ wurde trotz einiger weiterer Überlegungen nichts mehr geändert. Wie sagte doch Willi Kampf so treffend: „Wir wollen lieber die beste Skiffle-Formation in Frankreich sein als eine drittklassige Tanzkapelle!“

Geprobt wurde grundsätzlich am Mittwoch, denn dies war der Ruhetag im „Deutschen Haus“. Der Proben-Ort musste jedoch alsbald verlegt werden; denn die Musik wurde nicht nur immer besser, sondern auch lauter. Der Vorstand des Sozialvereins hatte es sich, angespornt durch den durchschlagenden Erfolg der G.S.C., nicht nehmen lassen, einen Ampli-Mixer und zwei Boxen zu finanzieren. Man ging ins Camp du Bréau; dort war Platz, es gab keine Nachbarn, und man konnte bei Bedarf Freiluft- oder auch Raumatmosphäre simulieren.

Durch regelmäßige Proben wuchs das Repertoire bald auf annähernd 90 Titel an. Das war für Amateure in jedem Fall zuviel. Abspecken für mehr Qualität anstatt Quantität war die Devise. Und dann stand auch schon wieder Fasching vor der Tür, und Willi Kampf hatte ja noch die Idee, für seine Enkelkinder etwas Bleibendes zu schaffen, eine CD.

Es fehlte der Gruppe noch immer eine batterie (französisch für Schlagzeug); denn was ist eine Band ohne Schlagzeug? Es kam Jean-Jacques Verdié, der bereits im Orchester Michel Legendre Erfahrung gesammelt hatte, und mit ihm das gewisse „Etwas“, was irgendwo und irgendwie schon immer gefehlt hatte.

Karneval ’96 (17. Februar 1996) wurde nochmals ein großer Erfolg. Es stellte sich heraus, dass, obwohl Uwe Blase-Niemeyer als Texter schmerzlich vermisst wurde, andere „Naturbegabungen“ förmlich in diese Lücke stürzten (Martina Clemens, Willi Kampf, Dieter Söhlmann) und dabei kabarettistisches Talent bewiesen. – Georg Heinz verließ die Band kurz danach aus persönlichen Gründen. Dank Dieter Söhlmanns organisatorischen Geschicks erholte sich die G.S.C. schnell davon und arbeitete intensiv an der Perfektionierung ihres Stils; zwei bis drei Proben in der Woche waren keine Seltenheit.

Und dann kam Matthias Blazek, der bereits Erfahrungen als Musiker bei der Gruppe „Crown of Creation“ gesammelt hatte. Er sorgte dafür, dass nicht soviel „‘rumgeskiffelt“ wurde und schnitt im Camp du Bréau verschiedene Bandproben mit. Es folgten Auftritte am 5. Mai beim öffentlichen Brocante (Krammarkt) im „Deutschen Haus“ in Avon, am 16. Juni bei der Fête de la Musique in Moret-sur-Loing sowie am 22. Juni 1996 beim Einkaufszentrum „Carrefour“ in Villiers en Bière.

CD-CoverSo erschienen im Sommer 1996 auch die ersten Presseartikel über die G.S.C., und auch die Musikszene im Département Seine et Marne wurde aufmerksam, dass sich bei der Bundeswehr in Fontainebleau musikalisch etwas entwickelte. Am 10. Juli 1996 stieg Matthias Blazek mit Gesang, Waschbrett und Tamburin als neues Bandmitglied ein. – Der Wunsch, das erarbeitete Musikrepertoire auf einem Tonträger festzuhalten, wurde größer. Mit viel Vorbereitungsarbeit, finanziellem Engagement der Musiker aber auch Unterstützung durch die Dienststellen DMBv FR und Bundeswehrverwaltungsstelle in Frankreich und – besonders hervorzuheben – den „Sozialverein“, wurden die ersten Studioaufnahmen eingespielt. Die CD der „German Skiffle Company“ mit insgesamt 21 Titeln, darunter zwei Live-Aufnahmen, erschien – rechtzeitig vor dem Jubiläumsjahr des DMBv FR – am 18. Dezember 1996 in einer Auflage von zunächst 500 Stück.

Die Titelfolge der CD:

1. Sing a happy Melody

2. Worried Man Blues

3. Somebody stole my Gal

4. Les Copains d’abord

5. Gloryland

6. Lonesome Traveller

7. Let’s take a Ride

8. Mobil Line

9. Lonesome me

10. Come together

11. Puttin’ on the Style

12. Take another

13. Skilled, good & greasy

14. This Train

15. Oh, when the Saints

16. Whiskey in the Jar

17. San Francisco Bay

18. Easy Rider

19. Midnight Special

20. Oldtime Religion

21. Sozialverein

Dieter Söhlmann Matthias Blazek Martina Clemens Willi Kampf Jean-Pierre Beaumier Jean-Jacques Verdié
Besetzung 2006 Dieter Matthias Martina Willi Jean-Pierre Jean-Jacques

Ohne Atempause wurde auch zu Beginn des Jahres 1997 weiter musiziert. Durch Vermittlung des neuen Bandmitglieds Hartmut Michels (banjo), er hatte auch schon bei einigen Studioaufnahmen mitgewirkt, erhielt die G.S.C. am 28. Januar 1997 die Möglichkeit, in der Deutschen Schule in St. Cloud aufzutreten. Albert Locher stieß ungefähr zur gleichen Zeit zur German Skiffle Company. Auch er war mit Trompete und virtuosem „Löffelspiel“ bereits auf der CD verewigt. Für Martina Clemens endete die Skifflezeit nach dem Auftritt in St. Cloud. An ihre Stelle trat Michèle Djender aus Samois-sur-Seine.

Am 30. Mai 1997 bestritt die German Skiffle Company – neben „Purple Valley“ und „Sherwood“ – La Nuit du Rock, die in dem Veranstaltungszentrum „Grange aux Dîmes“ in Samoreau ausgetragen wurde. Mit insgesamt 20 Stücken hielt die Skiffleband an dem Abend ihr Publikum bei Laune. Video- und auch Tonmitschnitt von der Veranstaltung belegen dies nachhaltig.

Aufgehört! Rod Davis von The Quarrymen, jener Band, die für Beatle John Lennon den Einstieg in seine musikalische Karriere bedeutete, schrieb Matthias im Zuge eines CD-Tauschgeschäfts auf Französisch:

Salut Matthias!

Un grand merci d’avoir commandé notre CD! J’espère que cela te plaira.

Salutations de la part des Quarrymen

Rod Davis

Der Brief ist abgebildet im „Niedersächsischen Bandkompendium 1963–2003“ (Celle 2006, ISBN 978-3-00-018947-0).

Bedingt durch den im Ausland unvermeidlichen Personalwechsel kam die Tätigkeit der German Skiffle Company noch im Jahre 1997 zum Erliegen.

Im Jahre 2001 erschien in Deutschland mit Unterstützung der „Sparda-Bank Hannover eG“ die CD „Paulinchen“ (ROX 78-01) zugunsten der Elterninitiative brandverletzte Kinder. Hierauf ist die German Skiffle Company noch einmal mit ihrem Titel „Lonesome Traveller“, aber auch Jean-Pierre Beaumier mit „Je te redirai ‘Je t’aime’“, verewigt. 2006 fand die German Skiffle Company Erwähnung auf dem Rückumschlag des „Niedersächsischen Bandkompendiums 1963–2003“ von Matthias Blazek.

Bandmotor Dieter Söhlmann starb nach Informationen von Willi Kampf bereits im November 2010.

Ein Schock war es, als die Nachricht die Runde machte, dass der Gitarrist, Mundharmonikaspieler und Sänger der German Skiffle Company Jean-Pierre Beaumier, der lange Jahre treu als Hausmeister beim DMBv FR gearbeitet hatte, einem langen und schweren Krebsleiden erlegen war. Jean-Pierre war am 10. März 1949 geboren und hatte in Veneux-Les Sablons gelebt. Er wurde am Freitag, 16. Februar 2018, zur letzten Ruhe geleitet.

Über mehrere Jahre liefen Planungen an dem CD-Sampler 40 Jahre Skiffle in Deutschland 1971–2011, zu dem auch zwei Titel der German Skiffle Company beigesteuert werden sollten, darunter mindestens ein Titel von dem viel beachteten Konzert in Samoreau 1997. Kontakt zum Skiffle-Experten Nr. 1 in Europa, Holger Lührig, wurde hergestellt. Auf dem CD-Sampler des bewährten Produktionsteams Lutz Eikelmann/Klaus Neumeister (CD-Box Swinging Germany, Moon Sound Records, 2009) mit Skiffle aus deutschen Landen kam die German Skiffle Company nicht unter.

In wenigen Wochen erscheint nun die Sampler-CD „50 Jahre Skiffle in Deutschland 1968-2018“. Die auf 300 Exemplare limitierte CD liefert einen Querschnitt durch die lebendige deutsche Skiffleszene. Die Coverzeichnung stammt von Jürgen Koerner, der selbst bei der Timmendorfer Skiffle Group Skifflemusik macht, das Booklet von Klaus Harenberg, das Mastering von den Noah Studios in Hannover, Konzept und Idee von Matthias Blazek. Neben den Favoriten der angesagten deutschen Skifflebands finden sich auf der 78-minütigen CD auch mehrere exklusiv aufgenommene Songs wieder.

CD-Cover 50 Jahre Skiffle in Deutschland 1968-2018

CD-Cover 50 Jahre Skiffle in Deutschland 1968-2018

Am 23. Juli 2018 ist der Silberling in limitierter Auflage erschienen. Und hier sind einige Stimmen zur CD:

„Ja, das Produkt ist sehr gut gelungen und mit dem originellen, einzigartigen Coverbild auch sehr ansprechend. Booklet & Musik gefallen mir auch. Ein schöner, durchaus repräsentativer Querschnitt.“ – Lutz Eikelmann (Lutz Eikelmann Skiffle Group), 2. August 2018

„Supersound, Dank an deine gute Wahl des Tonmeisters und an den Tonmeister selbst! Die durch das Alphabet vorgegebene Reihenfolge finde ich hörenswert. Manche Übergänge sind geradezu witzig. :)) Sehr interessante Stücke dabei, manche sind ja wirklich hoch historisch!“ – Reiner Adler (Addi’s Skiffle Company, Liebfrauenmilch-Orchestra) , 2. August 2018

„Ich finde, sie macht einen sehr guten Eindruck. Sehr unterschiedliche Titel hast du ausgewählt und der Sound ist gelungen, also die CD ist rundum gut anzuhören. Das Bild auf dem Booklet ist nicht nach meinem Geschmack, aber das ist sicher nicht von Bedeutung.“ – Karin Marciniak (Skiffle Track), 5. August 2018

„Dir ist ja ein schöner Querschnitt an Musik gelungen, super.“ – Peter Reimann (Rainy Skifflemen), 10. August 2018

„Ist eine tolle Kiste geworden, kann sein, dass ich doch noch die eine und/oder andere CD brauchen kann.“ – Hansjörg Rossa (Black Bottom Skiffle Group), 14. September 2018

Kleiner Tipp zum Schluss: die CD-Box von 2010 Skiffle Sensation – 200 Original Hits & Rarities, 10-CD-Set für 11,99 Euro!

Ja, und jetzt?

Einfach mal reinhören!

German Skiffle Company bei YouTube mit „Worried Man Blues“

Diskografie

Alben

  • 1996 – German Skiffle Company

Benefiz- / Tribute-Sampler etc.

  • 1997 – Tape FRACTION STUDIO PROMO N°3 (Melun/Frankreich, mit Skilled, good & greasy)
  • 2001 – Paulinchen (Benefiz-Album für die Elterninitiative brandverletzte Kinder, mit Lonesome Traveller)
  • 2018 – 50 Jahre Skiffle in Deutschland 1968-2018 (mit Battle of New Orleans, My Baby left me)

Sonstige Veröffentlichungen

  • 1996 – Szene-Ticker in der magaScene Hannover 7/96, S. 72
  • 1997 – Bandflyer „Info – GERMAN SKIFFLE COMPANY – skiffle * folk * dixieland * gospel & blues“
  • DF-Journal/Fontainebleau 05/96, 06/96, 11/96, 01/97, 05/97, 06/98

Nebenprojekte

1994 ff. – diverse CDs
  • Matzingers (Soloprojekt Matthias Blazek 1983–1986)
1999 – Anthology (CD)
2003 – Adventskonzert (CD)
  • Matthias Blazek und Thomas Czacharowski (Soloprojekt)
2015 – Die Moorsoldaten (EP)

Weblinks

Mit „Skilled, good & greasy“ auf FRACTION STUDIO PROMO N°3 – Compilation Catalogue (2004)

 

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